Geschichte der Selbstvertedigung
Georg F. Brückner Georg F. Brückner begann in den fünfziger Jahren mit Judo und Jiu-Jitsu. Schnell kamen Karate und Taek-wondo hinzu. Anfang 1961 eröffnete er im Berliner Stadtteil Wilmersdorf seine Sportschule, die im Kampfsport und Fitnessbereich seiner Zeit um 15 Jahre voraus war. Kurz darauf lernte er den US-Amerikaner Mike Anderson kennen, der ihm Unterricht gab und ihn für die amerikanische Variante des Karate, das sogenannte Sport- oder All Style Karate begeistern konnte. In Amerika lernte er Kampfsportgrößen wie Bill Wallace, Chuck Norris, Joe Lewis, John Rhee, Alan Stehen und AI Dacascos kennen. Die Begeisterung für die amerikanische Weiterentwicklung der fernöstlichen Disziplinen faszinierte ihn so, daß er selbst uneingeschränkt auf diesen Weg einschwenkte. Zunächst profitierten seine Schüler und Sportkameraden davon. Brückner scheute nicht die erheblichen Kosten, die besten Amerikaner zu sich in die Sportschule als Trainer zu holen. Unter seiner. Leitung begann das »Sportkarate« seinen Siegeszug durch Europa. Bereits damals war er überall als Kampfsportler und Trainer bekannt. Seine Sportschule war das Herz der neuen Kampfsportbewegung. Es hatte den bezeichnenden Namen »Karate-Institut Brückner«. Es existiert noch heute und ist immer noch Jahre nach seinem Tod eine Reise nach Berlin wert. Als Sportschule Brückner wird es von Michael Kuhr, Entdecker Peter Blankenburg und dem wohl besten deutschen Selbstverteidigungsexperten, Achim Möller, geleitet. Wer nicht direkt sein Schüler war, kam gerne ein paar Tage nach Berlin, um von ihm und seinem Team zu lernen. Auch ich, der das Glück hatte, bei Gustav Baaden, einem direkten Brück- ner-Schüler und einem der ersten Meistergradträger im Karate-Institut Baaden Köln, zu trainieren, kam immer wieder gerne nach Berlin und holte mir bei Brückner 2 Wochen vor meiner Meistergradprüfung den letzten Schliff. Ferdinand Mack kam 3 bis 4 mal im Jahr zu Brückner, um mit ihm zu trainieren und mit ihm seine Trainingsplanung abzusprechen. Zurück zum sportlichen Lebensweg Georg F. Brückners: Brückner war auch als Filmschauspieler und Stuntman im Geschäft. Er wirkte in zahlreichen Kinofilmen, u. a. mit Eddi Con-stantin und in der Jerry Cotton-Reihe, mit. Sogar in einem Heinz Erhard-Film demonstrierte er seine handfeste Selbstverteidigung. Seine nächsten Stationen im Kickboxen waren 1974 und 1975 die ersten beiden EM und Vergleichskämpfe mit europäischen und amerikanischen Sportlern, die als Großveranstaltungen in der jeweils mit 8.000 Zuschauern ausverkauften Berliner Deutschlandhalle stattfanden. Zwei Meilensteine, denen in der europäischen Kampfsportgeschichte noch weitere folgen sollten. Im Jahre 1976 gründete er mit Mike Anderson sowie anderen Kampfsportenthusiasten aus ganz Europa, wie Peter Blankenburg, Gustav Baaden, Jan Stocker, Gert Lemmens, Pierre Schupp, Peter Land, Ennio Falsoni, um nur wenige zu nennen, die WAKO, die bis heute als erste und mit Abstand größte Amateurorganisation für Kickboxen besteht und 1977 ihren Sportbetrieb aufnahm. Er veranstaltete in ganz Europa mit ungeheurem Aufwand Wettkämpfe. So erstellte er seine Top-Ten-Ranglisten und trainierte nach wie vor noch viele gute Sportler, die hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit ehrenhalber aufgeführt werden: Frank Knittel, Bernd Grothe, Budemir Veymovic, Jörg Schmidt, Hansi Jaentzch, Detlef So-botka, Kemal Zeriat, Christian Howell, Gustav Baaden, Bernd Eggert, Dirk Peter, Tom Rissmann, Klemens Willner sowie Bianka Jäger und Achim Möller. Die zweite Generation legte er in die Hände von Peter Blankenburg: Rene Hübsch, Lutz Wiesner, Bernd Reichenbach, Frank Koch und Mario Goldberg sind hier die bekanntesten Sportler. Neben Berlin wuchsen auch die Städte Köln und Mannheim durch Brückners Institution zu deutschen Kickboxhochburgen. 1978 veranstaltete Brückner in der Berliner Deutschlandhalle die ersten WM der WAKO im Vollkontakt. Danach überließ er anderen offiziell das Ruder in der WAKO, zog aber im Hintergrund die Fäden, die die WAKO zum größten Weltverband im Kickboxen machte. Den Höhepunkt setzte Brückner 1987 mit der 5. WM in München, die insgesamt 12.000 Besucher aus aller Welt anlockte. Danach legten Brückner und Mike Anderson die Geschicke der WAKO in die Hände des neuen Weltpräsidenten Ennio Falsoni. Bereits Ende der siebziger Jahre hatte Brückner eine zusätzliche Aufgabe gefunden. Er, der in jeder sportlichen Beziehung Perfektionist war, wollte eine Kampfsportausrüstung schaffen, die sicher und haltbar war. Nach dem Motto: Der beste Schutz ist gerade gut genug. Er wollte, daß die Sportler mit vollem Einsatz kämpfen konnten und sich dabei nicht verletzten. Er fing an, mit Knetmasse an Gipsköpfen herumxu-modellieren. Seinem Anspruch auf Sicherheit genügte kein bestehendes Produkt. Das, woran sich keiner der großen Konzerne rantraute, wagte er im Alleingang. Bis zur Serienreife seines TOP TEN-Equipment investierte er fast 3 Millionen DM. Er gab wissenschaftliche Untersuchungen an der TU in Berlin in Auftrag, um Stoßbeschleunigungen zu messen und Materialien zu prüfen. Durch das patentierte Bayflex- und Bayfill-Material der Firma Bayer Leverkusen in Verbindung mit der High Tech-Erfahrung der Firma Hübner, einem der bedeutendsten Gummiwerke Europas, gelang es, Schutzausrüstungen herzustellen, welche den Ansprüchen Brückners genügten. Er fertigte einen Prototypen nach dem anderen an und ließ ihn von Experten und Sportlern testen. Verbesserte überall dort, wo es etwas zu verbessern gab. 1983 gelang ihm der Durchbruch; doch erst Ende der 80er Jahre begannen die TOP TEN-Produkte, vor allem auch durch den weltweiten Einsatz im Amateurboxen, ihren Siegeszug um die ganze Welt. Trotz vieler finanzieller Rückschläge und der Entdeckung seiner unheilbaren Krankheit kämpfte er für seine Ideale. Mit dem von Georg Brückner außerdem entwickelten Prüfungsprogramm wurde eine Grundlage für die technisch/taktische Ausbildung im Kickboxen geschaffen. Bei den Olympischen Spielen 1992 gelang ihm sein größter, leider auch letzter Lebenserfolg. Die TOP TEN-Ausrüstung wurde offizieller Ausrüster des Boxturniers. Vorausgegangen waren Untersuchungen des Weltverbandes für Amateurboxen, AIBA, der unter Druck des IOC und der Ärztekommissionen stand und der im Einsatz von Brückners Kopfschützern und Handschuhen eine der wenigen Chancen sah, den Boxsport sicher zu gestalten und somit im Olympischen Programm zu behalten. Brückners TOP TEN-Equipment trug einen wesentlichen Teil dazu bei, wie die Statistiken der AIBA belegen. Auch 1996 in Atlanta und im Jahre 2000 in Sydney werden Brückners Produkte die Legende weiterschreiben. Für jemanden, der Georg Brückner, der auch 1964 im Alter von 34 Jahren erster Deutscher Meister im All Style Karate wurde, nicht kannte, ist es schwer zu verstehen, daß ein Mensch so viel Power entwickeln konnte. Die Menschen, die ihn kannten, wissen jedoch, daß dieser zugleich liebenswerte, aber auch widerspenstige Mann niemals am Ende seiner Kraft war. Seine Genialität, gepaart mit großer Energie und einem ausgeprägten Sinn für Wahrheit und Gerechtigkeit sowie sportlicher Fairneß ließen ihn zu einer großartigen Persönlichkeit werden. Auch für diejenigen, die mit seiner direkten Art nicht immer klarkamen, war er eine Respektsperson. Am 30.12.1992 starb Georg F. Brückner im Alter von 62 Jahren in seiner Heimatstadt Berlin an einem Krebsleiden. Die Kickboxwelt wird sich noch lange an ihn erinnern.
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